Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH.
Gestern fand in Wien die alljährliche Konferenz unserer aller Finanzmarktaufsicht statt, abgesehen davon, dass es immer ein ganz netter Branchentreff ist, habe ich neben einigen anderen vor allem eine Erkenntnis gewonnen: Die ESAs (European Supervisory Authorities) stehen bei der Schaffung von Akronymen der EZB und ihren diversen Programmen um nichts nach. Unsere neuen besten Freundinnen dürften in den nächsten Jahren in diesem Zusammenhang DORA (Digital Operational Resilience Act) und MiCAR (Markets in Crypto-Assets Regulation) werden. Aber auch die EBA (European Banking Authority) und der SRB (Single Resolution Board) lassen sich wohl einige neue Dinge einfallen, die man erstmal googlen wird müssen. ;-)
Ganz spannend war auch ein Panel zum Thema Greenwashing auf dem, neben den üblichen Verdächtigen aus der Branche und von der Aufsicht, eine Wirtschaftsexpertin von Greenpeace gesessen ist. Inhaltlich sind die Positionen und Regularien von SFDR über Taxonomie und Labels und wer, warum oder auch nicht was gut findet, eh inzwischen branchenintern allen bekannt. Was aber spannend zu sehen und zu hören war, ist, dass wir im Gegensatz selbst zu Experten von Umweltorganisationen (not to talk about the general public!) auf ganz anderen Detaillierungsebenen operieren. Die Einteilung in gute, kein CO2 produzierende, und böse, z.B.solche die im Bereich fossile Energien unterwegs sind, Unternehmen ist zwar super einfach und auch jedem Vertreter der Generation, die sich offensichtlich entschlossen hat, sich nicht mehr fortzupflanzen, schlüssig und einfach zu erklären, aber das hilft außer der Polarisierung und Radikalisierung leider niemandem.
Ob´s allerdings reicht, dass die Finanzindustrie, getrieben und begleitet durch die Regulatoren, ihr eigenes Ding tut ohne an der Kommunikation zu arbeiten und in letzter Konsequenz den Konsumenten/Anleger zu begeistern, darf bezweifelt werden. Dass wir – aus welchen Gründen am Ende auf der Seite stehen werden, die die Dinge bewegt (hat) und wo letztendlich auch pekuniär was zu holen ist, ist systemimmanent, weil am Ende geht´s immer darum Geld zu verdienen. Wenn wir auf dem Weg noch den Rest der Welt in die richtige Richtung nudgen können, umso besser. :-) Ob Green Deal, Inflation Reduction Act, Paris Agreement oder Österreichisches Umweltzeichen, es geht immer darum, Kapitalströme in eine gewünschte Richtung zu lenken und möglichst viele auf dem Weg mitzunehmen, dann lohnt sich´s für alle. :-)
Soviel zum Wort zum Mittwoch! :-) Dass natürlich die Diskussion über die ESG-Konformität von Solar Panel Produzenten, die ja fraglos was für´s Klima tun, aber ihren Rohstoff aus dem Stammland der Uiguren in China beziehen, in den Hintergrund treten muss, wenn die Welt vielerorts zu brennen scheint, ist nachvollziehbar. Was für den – erfreulicherweise völlig unbeteiligten – Beobachter rund um den Krieg zwischen Israel und der Hamas das eh schon leichte Drücken im Oberbauch laufend verstärkt, ist, dass hier die Fronten zwischen Unterstützern und Gegnern Israels, je länger die Katastrophe dauert, immer unklarer werden. Sollte sich das Momentum verstärken, das den regionalen Mächten einen Grund gibt, sozusagen aus humanitären Gründen, in den Konflikt einzugreifen und das dann auch noch mit zumindest Duldung größerer Teile der Staatengemeinschaft, wird´s wirklich unangenehm. Militärisch, faktisch in der gesamten Region, aber auch politisch vor allem in Europa, wo in vielen Ländern ein nicht zu vernachlässigender Teil der Bevölkerung muslimische Wurzeln hat. Gott (oder wer sonst da noch die Hand drauf hat ;-)) möge abhüten, dass hier jemand versucht eine Wählergruppe anzusprechen….
Wir sehen also, auch diese Woche finden wir durchaus wieder Möglichkeiten und Gründe, uns Sorgen zu machen. ;-) Das angenehme momentan ist, dass die Teile des Marktes, die besonders attraktiv sind, auch die sind, auf die wir uns in Zeiten erhöhten Stresses sowieso zurückziehen würden. Die Renditen bei den kurz laufenden Anleihen sind nach fünfzehn Jahren endlich wieder attraktiv. Das tut zwar dem G´schäft grundsätzlich nicht besonders gut, weil TINA und FOMO, nurmehr so relevant sind wie Fix und Foxi, aber es hilft dem Kapitalmarkt, seine Funktion als Mittler für eine effiziente Kapitalallokation zu fungieren, was ja eigentlich seine Aufgabe wäre, hätten ihm die Zentralbanken da nicht dazwischen gepfuscht…
Zum Abschluss darf ich noch darauf hinweisen, dass wir uns bereits in der Zielgeraden des Jahres 2023 befinden, im Grundsatz die Bewertungen - vor allem der europäischen Aktienmärkte - so teuer eigentlich nicht sind und auch in den USA die ökonomische Lage so schlecht nicht ist. Sollten wir also irgendwo einen positiven Katalysator identifizieren können (Möglichkeiten, dass irgendwo mal irgendwas besser ist, als es ausschaut, gäbe es ja genug ;-)), dann steht einer g´standenen Jahresendrally eigentlich nichts im Wege! :-)
Möge die Macht mit Euch sein!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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Author: John Horton
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